Urteil

Scheinselbständigkeit bei freiberuflich Pflegenden

Scheinselbständigkeit bei freiberuflich Pflegenden:
Spätestens seit dem Urteil des Bundessozialgerichts zur freiberuflichen Tätigkeit von Pflegekräften (AZ B 12 R 6/18 R, Entscheidung vom 07.06.2019) ist klar das Freiberufler zumindest in stationären Einrichtungen ein abhängiges, und somit sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis eingehen. Mit diesem Machtwort des BSG hat die freie Ausübung der Krankenpflege zumindest im stationären Sektor ein jähes Ende gefunden. Doch vor allem der Deutsche Berufsverband für Krankenpflege sieht in der freien Ausübung der Krankenpflege ein Grundrecht für alle Pflegenden.


Der DBfK stellt grundsätzlich fest, dass angesichts der Charakteristika der grundgesetzlich nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG Heilberufe erfassten Pflegeberufe Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege und Altenpflege eine freiberufliche Berufsausübung eine rechtlich nicht zu beanstandende und professionell wünschenswerte Möglichkeit der Berufsausübung ist. Pauschale Bewertungen (DRV Bund), dass eine pflegerische Tätigkeit grundsätzlich eine Freiberuflichkeit ausschließe, weisen wir entschieden zurück. Sie sind getragen von fundamentaler Unkenntnis der modernen Pflege und ihrer rechtlichen Grundlagen. Eine freiberufliche Berufsausübung ist das Recht jeder Pflegefachperson!
(…)



https://www.dbfk.de/media/docs/download/DBfK-Positionen/Position-freiberufliche-Pflege_2012-08-09-final.pdf

Eine freiberufliche Berufsausübung in der Pflege ist seit mehr als 100 Jahren üblich. Schon Agnes Karll, Gründerin der modernen berufsständischen Vertretung der Pflegefachpersonen, und ihre Mitstreiterinnen waren als freiberufliche Krankenpflegerinnen tätig – mit allen Vorteilen und Risiken eines freien Berufes. Die berufliche Pflege hat durch Akademisierung und Bildungsleistungen seit den 80er-Jahren des vorherigen Jahrhunderts eine nachhaltige professionelle Aufwertung erfahren, der die Politik mittlerweile Rechnung getragen hat, indem sie die selbstverantwortliche Ausübung der Heilkunde durch Pflegefachpersonen betont. Die Ausübung der freiberuflichen Pflege ist heute vielfältig und flexibel an den Strukturwandel des modernen Gesundheitswesens angepasst. Dementsprechend ist die Anzahl der pflegerischen Freiberufler in verschiedenen Segmenten der Gesundheitsversorgung enorm angestiegen.


Doch wie sieht es im ambulanten Sektor aus?

Nicht immer muss es hier zur Verneinung einer freiberuflichen Tätigkeit kommen, welches ein Urteil des Landessozialgericht aus Schleswig Holstein beweist.
Hier liegt der Teufel wie so oft im Detail – Denn auf die Vertragsgestaltung kommt es anscheinend an.
Im vorliegenden Fall war eine Urteilsbegründung:

Der Krankenpfleger kann mehrere Auftraggeber nachweisen, und sein Stundensatz lag deutlich über dem Verdienst von festangestellten Pflegekräften. „Das Bundessozialgericht hat kürzlich in einer Entscheidung klargestellt, dass das Arbeitseinkommen ein wesentliches Indiz zur Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung darstellt“,
erklärte der Vorsitzende Richter Hinnerk Timme gegenüber den Kieler Nachrichten.

Allerdings gibt es noch mehr Eigenschaften, welche einen selbständigen von einem abhängig Beschäftigten abgrenzen.
Laut Bundesarbeitsgericht und Bundessozialgericht sind das:

  • Erbringung von Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.
  • Erbringung von vorher definierten Werkleistungen zum Festpreis und Bezahlung nach Abnahme des mangelfreien Werkes gegen Rechnung.
  • Auftragsbezogenes Angebot in Textform (welche Leistung in welchem Zeitrahmen zu welchem Preis) und Annahme des Angebots (etwa auf der Grundlage eines schriftlichen Rahmenvertrages).
  • Eigenes Haftungsrisiko für die erbrachte Dienstleistung oder das erstellte Werk und zur Absicherung dieses Risikos abgeschlossene Versicherungen. Das Risiko der Schlechtleistung trägt grundsätzlich der Unternehmer, und nicht der Auftraggeber.
  • Eigenständige Preiskalkulation über Einkaufs- und Verkaufspreise und Wareneinkauf.
  • Einstellung von eigenem Personal.
  • Ein relativ hohes Honorar ermöglicht einer Honorarkraft die Eigenvorsorgung.
  • Eigene Geschäftsräume.
  • Einsatz von Eigenkapital und eigener Arbeitsmittel.
  • Freie Gestaltung von Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf und Arbeitszeit.
  • Weder Abstimmung noch Bezahlung von Urlaub und keine Krankmeldung oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
  • Eigene Kundenakquisition.
  • Eigene Werbung und Auftreten als Selbstständiger in der Geschäftswelt (eigener Geschäftsbrief, Annoncen, Gewerbeanmeldung).
Auf die Vertragsgestaltung kommt es an

Wie bereits erwähnt ist das unternehmerische Handeln, sowie vor allem die Vertragsgestaltung von immenser Wichtigkeit.
Bereits in der Dienstplangestaltung kann das Damoklesschwert fallen. Hierbei muss zwingend ersichtlich sein, das es sich um eine Honorarkraft handelt und nicht um fest integriertes Stammpersonal.
Auch betroffene Familien müssen darauf achten, das die freiberufliche Pflegekraft ausser bei ihnen auch noch weitere Auftraggeber hat. Hier ist ein drittel der Gesamtarbeitszeit nicht zu überschreiten.
Dabei ist eine ausführliche Beratung durch die freiberufliche Pflegekraft (und das ist ja auch eine unserer Kernkompetenzen) von immenser Wichtigkeit. Denn eine Nachzahlung, der Sozialabgaben muss zwingend vermieden werden. Insofern kommt es dringend auf die Vertragsgestaltung an.
Schließlich kann auch immer noch ein Feststellungsverfahren vor Aufnahme der Tätigkeit zu Rechtssicherheit führen.

Für Fragen zur Beantragung und weiteren Einzelheiten stehe ich meinen Kunden gerne mit Rat und Tat zur Seite

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